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Wer hilft am Lebensende? – Das Chiemseehospiz als eine von vielen Strukturen der Sterbebegleitung

Bernau | Der Tod betrifft uns alle! Rund die Hälfte der deutschen Bevölkerung hat mindestens einen Todesfall von nahen Angehörigen oder Freund:innen in den letzten fünf Jahren miterlebt. Und es ist gut, auf diesen Fall vorbereitet zu sein. Wer unterstützt Menschen am Lebensende und ihre Angehörigen? Mitarbeiter des Chiemseehospiz Bernau erklären im Folgenden die verschiedenen Strukturen der Sterbebegleitung.

Da geht es schon los! Was ist denn eigentlich ein Hospiz?

Hospizleitung Ruth Wiedemann erläutert: „Ein stationäres Hospiz ist eine Einrichtung für schwerstkranke und sterbende Menschen mit komplexen Symptomen, die zuhause oder in einem Pflegeheim nicht ausreichend versorgt werden können. Ein betreuender Arzt aus dem Krankenhaus oder der Hausarzt bescheinigt, dass eine schwere, fortschreitende und fortgeschrittene Krankheit vorliegt, die eine auf Wochen oder Monate begrenzte Lebenserwartung annehmen lässt. Die Menschen müssen mit der Aufnahme in ein Hospiz einverstanden sein und werden hier in der Regel begleitet, bis sie versterben. Eine Krankenhauseinweisung erfolgt nicht mehr. Sterben betrachten wir als einen Teil des Lebens und damit als natürlichen Vorgang, der weder aktiv verkürzt noch verlängert werden soll“.

Viele Menschen wünschen sich jedoch, zuhause sterben zu dürfen. Wie kann das gelingen?

„Die ersten Unterstützungsmöglichkeiten sind natürlich der Hausarzt und ein Pflegedienst. Wenn die Symptome beim Betroffenen dann aber so stark werden, dass zusätzliche Hilfe notwendig ist, gibt es die sogenannte SAPV.“, erklärt Markus Häckl, Pflegekraft im Chiemseehospiz. „Das steht für ‚Spezialisierte ambulante Palliativversorgung‘. Dahinter stehen multiprofessionelle Teams aus Ärzten, Pflegekräften und anderen Berufen, die Hausbesuche machen und komplexe Symptome wie Wunden, Schmerzen oder Atemnot behandeln. Außerdem unterstützen sie auch psychologisch und bei sozialrechtlichen Fragen. Und etwas ganz Wertvolles ist, dass sie eine 24h-Rufbereitschaft haben. Die Angehörigen können jederzeit anrufen und fühlen sich dadurch in der Begleitung sicherer. Das ermöglicht vielen Menschen ein würdiges Sterben in ihrem eigenen Zuhause. Seit 2007 haben alle Krankenversicherten in dieser Lage sogar einen rechtlichen Anspruch auf SAPV!“.

Christian Eder, Sozialpädagoge im Chiemseehospiz, ergänzt: „Zusätzlich gibt es Hospizvereine. Hier können betroffene Familien ehrenamtliche Helfer anfragen. Sie sind speziell für eine Begleitung am Lebensende ausgebildet und bringen Zeit mit, führen Gespräche und sind für die Betroffenen da. Das kann die Angehörigen entlasten oder ihnen ein kleines freies Zeitfenster verschaffen“. Diese Ehrenamtlichen würden die Begleitungen auch in einer stationären Einrichtung wie einem Heim oder Krankenhaus übernehmen. Zusätzlich würden Hospizvereine im Rahmen der sog. „Allgemeinen ambulanten Palliativversorgung“ (AAPV) beraten und bei der Versorgungsplanung helfen.

Es kann jedoch trotz guter ambulanter Betreuung vorkommen, dass eine Versorgung zuhause nicht mehr möglich ist. Was ist dann zu tun?

„Prinzipiell gibt es natürlich dann die Möglichkeit, in ein Pflegeheim zu gehen, falls es der gesundheitliche Zustand zulässt. Ansonsten bleibt die Einweisung in ein Krankenhaus“, so Häckl. „Und auch hier gibt es eine Station, die sich auf das Lebensende spezialisiert hat: die Palliativstation. Hier wird nicht mehr eine Krankheit behandelt, sondern auf Symptomkontrolle geachtet. Zum Beispiel werden bei einer Krebserkrankung keine Chemotherapien oder Operationen durchgeführt, sondern darauf geachtet, dass es dem Patienten möglichst gut geht, dass seine Schmerzen gut eingestellt werden und er eine möglichst hohe Lebensqualität behält“. Ist die medizinische Krise überwunden, werde eine Entlassung angestrebt – entweder wieder nach Hause, ins Pflegeheim oder eben in ein Hospiz. Und falls sich abzeichne, dass der Mensch in die aktive Sterbephase komme oder nicht mehr transportfähig sei, dürfe er natürlich auch auf dieser Station sterben.

Der Vorsitzende des Chiemseehospiz Stefan Scheck betont, wie wichtig es ist, sich über die Versorgungsstrukturen am Lebensende zu informieren: „Das Thema Tod und Sterben geht uns alle früher oder später an! Wir sehen es deshalb als Chiemseehospiz auch als unsere Aufgabe, Betroffene zu beraten und zu informieren und eng mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten. Wir sind eine gut vernetzte Region und wir arbeiten dafür, dass möglichst viele Menschen ein würdevolles gutes Lebensende erfahren“.

Foto: Palliativfachkraft Markus Häckl

Text/Foto: © Chiemseehospiz

Aufnahme im Chiemseehospiz Bernau

Das Chiemseehospiz nimmt Menschen über 17 Jahren, mit fortgeschrittener und fortschreitender Erkrankung auf, die nur eine sehr begrenzte Lebenserwartung haben, bei denen keine Aussicht auf Heilung besteht, eine palliativ-pflegerische bzw. palliativ-medizinische Versorgung notwendig ist und eine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nicht erforderlich ist. Voraussetzung für die Aufnahme ist, dass die Betreuung zuhause nicht mehr sichergestellt werden kann und auch durch eine stationäre Pflegeeinrichtung nicht adäquat abgedeckt werden kann. Die Einweisung erfolgt über den Hausarzt, oder Ärzte aus dem Krankenhaus.

Aufnahmekriterien sind

eine progrediente, weit fortgeschrittene Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung (von wenigen Tagen, Wochen oder Monaten), wie onkologische Erkrankungen mit Symptomlast, AIDS, neurologische Erkrankungen, Nieren-, Herz-oder Lungenerkrankung im Endstadium.

Aufklärung über Erkrankung und deren Prognose (Patient bzw. auch rechtliche Vertretung)

Einverständnis des Betroffenen zur Aufnahme im Hospiz

ambulante Versorgungsmöglichkeiten sind abgeklärt und ausgeschöpft, die Versorgungsmöglichkeit im Heim ist aufgrund der aktuellen oder zu erwartenden hohen Versorgungsanforderung ausgeschlossen und/ oder aufgrund der Situation und Symptomlast nicht angemessen

Aufnahmeprocedere

telefonische Anfrage, ob ein Hospizplatz frei ist
Fax an uns mit Notwendigkeitsbescheinigung, die der einweisende Arzt ausfüllt und Antrag nach §39a, die der Betroffene oder sein/e Bevollmächtigte/r ausfüllt
suchen eines neuen Hausarztes vor Ort, falls der bisherige die Betreuung im Chiemseehospiz in Bernau nicht übernimmt
die Aufnahme erfolgt nach Genehmigung durch die Krankenkasse
Das Chiemseehospiz möchte Menschen, egal welcher Herkunft oder Religion, die diese Kriterien erfüllen, ein sicheres Zuhause für die letzte Lebensphase bieten.

Kontakt und Anfahrt zum Chiemseehospiz Bernau

CHIEMSEEHOSPIZ BERNAU
Baumannstraße 56
83233 Bernau

Tel.: 08051-96 18 55-0
Fax.: 08051-96 18 55-77